Im Nachhinein fällt es einem schwer zu glauben, doch zu Anfangszeiten der PS2, litt die Konsole unter starkem Mangel an Rollenspielen. Umso größer waren die Erwartungen an Final Fantasy X.
Anfang der 2000er spaltete sich die Final Fantasy Gemeinde. Die eine Hälfte blieb auf der PS One und spielte die Portierungen der japan-exklusiven Teile die dank Final Fantasy VII in den Westen kamen; die andere Hälfte wechselte auf die PS2, hatten aber keine guten Rollenspiele. Die Dürre fand dann 2001 (2002 bei uns in Deutschland) ein Ende. Mit dem Release von Final Fantasy X wurde Final Fantasy erfolgreich auf die neue Konsolengeneration verfrachtet. Dieser Neustart war für Final Fantasy die Möglichkeit sich ganz neu zu definieren. Und diesen Neustart hat Final Fantasy X bis ins kleinste Detail genutzt.
Die wohl größte Neuerung war die Vertonung. Bisher waren alle Final Fantasys ohne Worte ausgekommen. Bis auf die Opern Szene in Final Fantasy VI und einige Themes aus vorherigen Final Fantasy-Teilen, fiel kein einziges Wort. Jede Cutscene, Videosequenz, Dialog und Aussage war vertont. Etwas, dass den bunten Cast noch mehr an Charakter verlieh. In den bisherigen Final Fantasy Teilen kam es vor, dass die Menge an Charakteren das Gesamtbild der Story beeinträchtigte. Wie will man eine gute Story mit zwölf Charakteren machen? Deswegen hat Final Fantasy X auch nur 7 spielbare Charaktere. Alle individuell gestaltet, mit eigenen Gameplayfeaturen und Geschichte. Jeder der Charaktere erhält genug Zeit in der Story, ohne dass er zu irgendeinem Zeitpunkt überflüssig wirkt.
Listen to my Story
Die Story von Final Fantasy X setzt schon sehr hoch an und zeigt gleich im Intro was die neue Plattform alles drauf hat. Tidus ist der Star-Blitzballspieler (eine Sportart die unter Wasser gespielt wird der Zanarkand Abes. Während eines wichtigen Spieles wird seine Stadt vom riesigen Monster SIN angegriffen. Neben totaler Zerstörung hinterlässt er noch eine weitere Sache. Oder besser gesagt er hinterlässt sie nicht. Denn Tidus ist nicht mehr da. Wie sich nach kurzer Zeit herausstellt wurde Tidus 1000 Jahre in die Zukunft geschickt. Zanarkand war eine technologisch weit fortgeschrittene Stadt. Deswegen wäre es nur logisch, dass die Zukunft noch weit fortgeschrittener ist. Dem ist jedoch nicht so.
Die Zukunft hat einen gehörigen Rückschritt getan. Technik ist verboten und die der Glaube an Yevon ist das wichtigste für die Menschen. Tidus interessiert das jedoch recht wenig und möchte nur wieder zurück in seine Zeit. Um sein Ziel zu erreichen schließt er sich der Leibgarde des Mediums Yuna an, einer Beschwörerin. Mit ihr und ihren anderen Begleitern bereisen sie die Welt von Spira. Auf ihrer Reise die Hohe Beschwörung zu erlangen, passiert etwas mit Tidus. Er öffnet sich. Zu Beginn noch der arrogante Sportler, macht er jede Station der klassischen Heldensage durch, weswegen sich jeder Spieler zu einem Zeitpunkt mit ihm vergleichen kann.
Die Story von Final Fantasy X ist reich an Lore und Interpretationspielraum. Doch eines ist sie vor allem: eine Liebesgeschichte. Schon in Final Fantasy VIII als Hauptthematik, eröffnet sich diese erst im Laufe der Geschichte und wird zu der wohl ergreifendsten der gesamten Serie. Die Story von Final Fantasy X hat eine Besonderheit die so zum ersten und zum letzten Mal vor kam: Ein Perspektivenwechsel. Das Spiel folgt zwar Tidus, doch die Story dreht sich um Yuna. Somit ist man der Protagonist des Spieles, aber nicht der Geschichte. Neben den beiden gibt es noch weitere Charaktere die man über die Zeit lieben lernt. Wie Auron, der die Figur von Tidus‘ Mentor einnimmt und schon mit Yuna’s Vater reiste, oder der gutherzige Wakka, Kapitän der Besaid Aurochs, oder Kimhari, Yunas Leibarde seit Kindertagen und verstoßenes Mitglied der Ronsos.
Keine Level, kein Druck, keine Langeweile
In Sachen Gameplay gab es auch viele Neurungen bzw. es gab kaum altes, dass man benutzt hatte. In den vergangenen Teilen kam noch das Active Time Battle System zum Einsatz. In Final Fantasy X jedoch wurde das Conditional Turn Based System genutzt. Das Vorgängersystem war nur zum Teil rundenbasiert. Gegner konnten einen während des eigenen Zuges angreifen. Das neue System war jedoch rundenbasiert. Man konnte sich für seinen Zug genügen Zeit lassen ohne angegriffen zu werden. Durch verschidene Aktionen wurde die Ekstase-LEiste gefüllt. Ein mal gefüllt entfesselt sie eine der vielen Ekstase-Techniken. Jeder Charakter besitzt seine eigene die via Quick Time Event ausgelöst werden kann.
Die bisherigen Teile setzten in Bezug auf Skills auf verschiedene Möglichkeiten zum Erlangen. In Final Fantasy VI erhielt man sie über die Esper, in VII über die Substanzen und in IX über die Gegenstände. In Final Fantasy X gab es jedoch das erste Mal einen Skill Tree. Zu mindest eine Abwandlung davon. Sphärobrett nennt sich das ganze und war (um es mit den Worten der Rocketbeans auszudrücken) „groß genug um alle drei Herr der Ringe Teile drauf zu drehen“. Eine gewisse Wahrheit ist da schon dran, denn das Sphärobrett war immens. Jeder Charakter hatte sein eigenes Skillgebiet. Das hingegen konnte er zu jeder Zeit verlassen. Denn alle Charaktere befanden sich auf dem selben Feld, weswegen auch alle Bereiche Verbunden sind. So kann Tidus Magie erlernen oder die Magierin Lulu kann zum Tank werden. Um neue Fertigkeiten zu erlangen waren zwei Sachen von Nöten: Ability-Points und Sphäroiden.
In Final Fantasy X wurde das klassische Levelsystem abgeschaffen. Kein Charakter besaß mehr einen Level. Gewonnene Erfahrungspunkte flossen in die Ability-Points ein. Diese erlaubten es einem Charakter sich auf dem Sphärobrett zu bewegen. Um jedoch eine Fertigkeit oder Statusverbesserung zu erhalten, waren Sphäroiden notwendig. Sphäroiden ersetzen die Kristalle in Final Fantasy X und spielen auch in der Story eine wichtige Rolle. So kann man Videosphäroiden finden, die zum einen neue Ekstasetechniken für Auron freischalten, zum anderen aber auch die Reise von Yuna’s Vater zeigen. Neben den Sphäroiden spielen auch die Beschwörungen (Bestia) eine wichtige Rolle. Yuna, Tidus und die restliche Gruppe reisen von Tempel zu Tempel um die darin enthaltenen Bestia zu erhalten.
Bisher waren Beschwörungen nur für einen Angriff da. Eine animierte Sequenz lief ab und am Ende stand eine Zahl da die einem gezeigt hat wie viel Schaden sie verursacht hat. In Final Fantasy X hingegen konnte man die Beschwörungen zum ersten Mal spielen. Auch hier hatten sie alle eigene Fertigkeiten und Ekstasetechniken.
Neben der Story gab es so einges was einem bei der Stange hielt. So konnte man zum einen Al’Bhed Lexika finden. Al’Bhed ist ein Volk in Spira, dass nicht an Yevon glaubt und weiter Technologie in Form der Maschina benutzt. Obendrein sprechen sie noch in ihrer eignen Sprache und tragen Masken mit denen sie aussehen wie die Psychos auch Borderlands. Die Sprache ist im Grunde unsere, nur dass die Buchstaben vertaust wurden. Ein Lexikon stellt einen Buchstaben dar. Da sie sowohl in dieser Sprache sprechen, als auch diese in den Untertiteln angezeigt wird, muss man die Lexika finden um sie zu verstehen.
Neben der Lexikonsuche gibt es auch noch die Monstersuche. Gegen Mitte des Spieles erhält man die Möglichkeit Monster zu fangen um gegen sie in der Monsterfarm anzutreten. Hat man alle aus einem Gebiet oder eine Rasse gefangen, entstehen besondere Exemplare. Diese sind nicht nur sehr stark, sonder hinterlassen auch wertvolle Items.
Das größte Nebenbeschäftigung kommt aber zum Schluss: Blitzball. Selbst nach 1000 Jahren wird es noch gespielt und erfreut sich großer Beliebtheit. Es hat auch den Zweck die Menschen vom Frust und der Angst die SIN erschafft abzulenken. Mit den permanenten letzten Platz, den Besaid Aurochs, spielt man in der Liga oder in Turnieren. Neben Gegenspielern lassen sich auch viele NPCs anwerben. Spieler haben alle ihrere eigenen Werte und Techniken. Letzteres können sie sogar von Gegnern während des Spieles erlernen. Blitzball besitzt seine ganz eigenen Regeln und Komplexität. Ein mal drinnen ist es ein Spaß der einen über Stunden fesselt.
Eine für die Serie vollkommen neue Spielmechanik findet gegen Mitte der Geschichte ihren Weg ins Spiel. Sobald Rikku, ein Al’Bhed, zur Party dazu stößt ist das Waffen-Crafting verfügbar. Eine Gameplaymechanik, die auch Storyrelevanz hat. Immerhin ist sie eine Al’Bhed und kennt sich mit Maschinen aus. Waffen und Rüstungen können aufgewertet oder mit neuen Effekten ausgestattet werden. Über einen Umweg ist es so auch möglich eine gleichwertige Kopie der Solaris Waffen, die stärksten Waffen des Spieles, zu erschaffen.
To Zanarkand
Final Fantasy X machte von der neuen Hardware ordentlich Gebrauch. Es gab keine vorgerenderten Hintergründe mehr. Alles war echtzeitberechnet. Sowohl in den Cutscenes, als auch während des Spieles machte Final Fantasy X eine tolle Figur und setzt das Tropensetting wunderbar in Szene. Musikalisch gesehen stand der zehnte Teil seinen Vorgängern in nichts nach. Obwohl hier nicht mehr Nobuo Uematsu als Hauptkomponist zuständig war, hielt ihn das nicht davon ab ein neues Meisterwerk zu schaffen. „To Zanarkand“ gilt als eines der ikonischsten Musikstücke der Final Fantasy Reihe. Sobald man nur die ersten Noten hört, denkt man sofort an die Party am Lagerfeuer vor den Ruinen Zanarkands und erinnert sich an die Worte, die das Spiel wie keine anderen beschreibt: Listen to my Story. Final Fantasy X besitzt eine viel tiefgründiegere Geschichte und Thematik als man zu Beginn vermutet. Sie handelt von Liebe, Vergänglichkeit, Glaube, Träume und dem Grund allem seines.
Zanarkand = Midgar?
Um das Final Fantasy Universum ranken sich viele Mythen und Theorien. Die bekanntesten befassen sich mit Final Fantasy VIII, doch Final Fantasy X besitzt auch einige. Die bekannteste ist, dass Final Fantasy X und VII im selben Universum spielen. Auslöser dafür sind zwei Gründe. Der erste ist der Charakter aus X-2 namens Shinra. Ein schlauer, kleiner Junge der im Verlauf einen Weg der neuen Energiegewinnung findet. Shinras Teil der Theorie basiert darauf, dass er diese Energiequelle näher erforschen will und so zufällig den Lebensstrom entdeckt. Dieser schickt ihn der Zeit zurück. Zurück in die Zeit von Final Fantasy VII. Zeitreisen sind in Final Fantasy X ja nichts ungewöhnliches.
Der andere Grund für diese Theorie ist SIN. In Final Fantasy X steht SIN für das Leiden der Menschheit und deren größte Angst. SIN taucht auch in Final Fantasy VII auf. Im Hauptquartier der Rebellengruppe AVALANCHE unterhalb der siebten Himmels befindet sich ein Fernseher. Bei der Ankunft Clouds im HQ läuft da im Moment das SIN, das Shinra Information Network. Diese zwei Namen ließen Fans über Jahre spekulieren und bis heute auf eine Antwort zu ihren Gunsten hoffen.
Zurück nach Spira
Final Fantasy X hat etwas geschafft, das nicht ein mal Final Fantasy VII geschafft hat: Ein direktes Sequel. Final Fantasy X-2 war das erste direkte Sequel der Reihe und setzt zwei Jahre nach den Ereignissen von Final Fantasy X an. Die Grundstümmung ist generell etwas heller und aufgelockerter. Die Geschichte folgt dieses Mal Yuna die jetzt eine Sphärojägerin geworden ist. Die spielbaren Charaktere wurden auf drei runtergestampft und das Kampfsystem ebenso. Das ATB kehrte zurück, gemeinsam mit dem Jobsystem.
Das aus Final Fantasy III und V bekannte Jobsystem wurde im Sequel wieder zum Einsatz gebracht. Es ist spielerisch nicht ganz so gut wie das in Final Fantasy V, brachte jedoch einen Schwung neuer Ideen mit sich. So konnte man dank verschiedener Bretter mehrere Jobkostüme ausrüsten und während des Kampfes zwischen ihnen wechseln. Hatte man jedes der Kostüme im Kampf ein Mal getragen, so konnte man das Spezialkostüm benutzen. Das ersetzte die Bestia im Sequel. Mit reichlich Skill- und Entscheidungsmöglichkeiten, und multiplen Enden bietet Final Fantasy X-2 einen hohen Wiederspielswert.
Was geschah dazwischen?
Lange Zeit blieb Final Fantasy X nur auf der Playstation 2. Die Fans verlangten jedoch nach einer Portierung auf die aktuelleren Konsolen. Ein Remake war nicht nötig, da Final Fantay X bereits auf der PS2 in technischer Hinsicht glänzte. Im März 2014 war es dann soweit. Die HD-Neuauflage names „Final Fantasy X/X-2 HD Remastered“ von Final Fantasy X erschien für die PS3 und PS Vita. Die remastered Version beinhaltete neben dem Hauptspiel das Sequel, die Videosequenz namens „Eternal Calm“ (das die Ereignisse zwischen X und X-2 zeigte), eine extra Audioversion von den Geschehnissen nach X-2 und die Erweiterung zu X-2 „International + Last Mission“. Die Neuauflage von X-2 beinhaltete auch das Monster Caputring Sytem, dass es einen erlaubte Monster zu fangen und mit ihnen in den Kampf zu ziehen. Neben der PS3 und Vita Version, folgten noch eine Version für die PS4 und den PC.
Final Fantasy X stellte einen Neuanfang für die Final Fantasy Serie da. Als Heilsbringer der PS2 Rollenspiele definierte es die Marke Final Fantasy neu. Story, Gameplay und Technik. Alles stimmte. Dank der HD Remastered Version ist Final Fantasy X nicht nur ein Klassiker, sondern ein immer noch relevanter Titel den man als Final Fantasy Fan unbedingt gespielt haben muss. Das gilt jedoch nicht für Final Fantasy X-2. Trotz der Tatsache, dass es ein Sequel zu Final Fantasy X war, führte es die Geschichte nicht ganz weiter. Die Story teil sich in drei Wege auf die alle parallel Ablaufen. Hinzu kommen noch der Versuch von Sidequests, was das Gesamtbild noch mehr verändert. Im Endeffekt wurde aus Final Fantasy X-2 nichts halbes und nichts Ganzes. Als Rollenspiel an sich macht es eine gute Figur, jedoch nicht als Sequel.
Zum Schluss noch etwas zum Nachdenken: Wer sich schon mal über die Laufanimation von Tidus beschwert hat, sollte mal darüber nachdenken „was genau“ Tidus eigentlich ist. Das erklärt auch seine Art zu gehen. Ein Plottwist, der schon zu Beginn des Spieles sichtbar war.